Zappelphilipp-Syndrom: Auch Erwachsene leiden unter ADHS
von pelikanapo
Die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung, kurz ADHS, mit ihren Merkmalen Impulsivität, Unpünktlichkeit, Zappeligkeit und Schusseligkeit wird meist mit Kindern in Verbindung gebracht. Aber ADHS ist keine Kinderkrankheit. Auch Erwachsene können betroffen sein. Doch häufiger noch als bei Kindern bleibt die Krankheit bei Erwachsenen unbemerkt oder wird erst spät erkannt.
ADHS im Erwachsenenalter – Diagnose schwierig
„Von einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung sind nicht nur bis zu sieben Prozent aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland betroffen, sondern auch bis zu 4,5 Prozent aller Erwachsenen”, erklärt Priv.-Doz. Dr. Andreas Jähne, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Oberberg Fachklinik Rhein-Jura und der Oberberg Tagesklinik Lörrach. Doch häufig wird eine Diagnose im Erwachsenenalter erst recht spät oder gar nicht gestellt.
Betroffene nehmen ADHS-Symptome oft nicht als solche wahr
Der Grund: Die Symptome werden oft, selbst von den Betroffenen, eher als unliebsame Eigenschaften oder Persönlichkeitsmerkmale, denn als psychische Erkrankung gesehen. Dabei kann eine Erkrankung den Alltag von Betroffenen einschränken, ihr Selbstwertgefühl verringern und Vermeidungsverhalten hervorrufen. Außerdem ist das Risiko für psychiatrische Komorbiditäten (darunter versteht die Medizin eine oder mehrere Störungen oder Erkrankungen, die zu einer Grunderkrankung hinzukommen) wie Depression, Angst oder Sucht erhöht. „Häufig wird Erwachsenen erst dann bewusst, dass etwas nicht stimmen könnte, wenn es nicht gelingt, den eigenen Alltag zu organisieren, man es nicht schafft, sich so zu konzentrieren, dass Ausbildung, Studium oder Job erfolgreich gemeistert werden kann”, so Dr. Jähne.
ADS: Grenzen zwischen Normalität und Krankheit sind fließend
Die Hauptsymptome einer ADHS können verschieden stark ausgeprägt sein. Auch ein Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom mit weniger Hyperaktivität (ADS) ist möglich. Diese Menschen erscheinen dann oft als verträumt und unstrukturiert. Die Grenze zwischen Normalität und Krankheit ist meist fließend. Erst wenn ein bestimmtes Maß überschritten wird, spricht man von einer Störung. Doch ab wann dies der Fall ist, ist häufig nicht so leicht zu beantworten und macht eine eindeutige Diagnose anspruchsvoll.
Ab wann ist Hilfe notwendig?
Eine AD(H)S ist dann behandlungswürdig, wenn die Ausprägung der Symptome zu einer deutlichen Beeinträchtigung im Leistungs- und Sozialbereich führt, die Betroffenen leiden, eine erhöhte Suchtgefahr besteht und sich weitere psychische Störungen (z.B. Schlafstörung, Depression, Angststörung) entwickeln oder bereits vorhanden sind. In diesem Fall ist es wichtig, sich professionellen Rat einzuholen.
Gezielte Therapie kann bei ADS/ADHS
Den meisten Menschen, bei denen ADS oder ADHS diagnostiziert wurde, kann eine gezielte Therapie helfen. Mit professioneller Hilfe kann es gelingen, das Chaos im Kopf zu reduzieren. Darüber hinaus kann es Betroffenen helfen, wenn Familie, Partnerinnen/Partner, Kolleginnen/Kollegen und Freundinnen/Freunde ihrer Sprunghaftigkeit und Ungeordnetheit aktiv und bewusst entgegenwirken. Auch kann es förderlich sein, sich zum Beispiel ein ruhiges (Arbeits-)Umfeld zu schaffen, sich kleine Etappen vorzunehmen, anstatt sich einer großen Herausforderung zu stellen, regelmäßig Arbeitspausen einzulegen und ein positives Mindset zu entwickeln.
Die Hauptsymptome einer ADHS-/ADS im Erwachsenenalter
- Konzentrationsschwäche und Unaufmerksamkeit: Betroffene lassen sich leicht ablenken. Sie beginnen zahlreiche Tätigkeiten, aber bringen sie nicht zu Ende. Sie haben Schwierigkeiten, Regeln und Anweisungen zu folgen und ihren Alltag zu organisieren.
- Hyperaktivität: Betroffene sind immer in Bewegung. Sie können kaum stillsitzen und fallen durch übermäßiges und oft übertrieben lautes Reden auf. Diese Symptome treten bei ADS nicht in Erscheinung.
- Impulsivität: Betroffene verhalten sich häufig unvorhersehbar. Sie fällen Entscheidungen und handeln danach, ohne an die Folgen zu denken. Sie geben spontane unüberlegte Antworten, bevor Fragen vollständig gestellt wurden. Sie platzen in Gespräche hinein. Darüber hinaus verfügen Betroffene nicht über ein emotionales Gleichgewicht. Vielmehr sind sie häufig gereizt, fühlen sich rasch angegriffen und reagieren häufig emotional. Ihre Frustrationstoleranz ist eher gering. Auch eigene Wünsche und Bedürfnisse können Betroffene oftmals nicht einschätzen und berücksichtigen diese im alltäglichen Leben nicht.
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